Mit Die Nerven, Alexis Taylor u.v.m.
Die besten Platten der Woche
Die Nerven »Fake« (Glitterhouse / Indigo)
»Fake«, das muss man so simpel schreiben, ist das beste deutsche Album des Jahres 2018. Rieger prügelt und streichelt seine Gitarre im steten Wechsel, Julian Knoth am Bass und Kevin Kuhn am Schlagzeug legen unter Riegers Postpunk-Attitüde das gewohnt ultrapräzise Fundament. »Alles falsch« zitiert in Haltung und Sound EA80, »Skandinavisches Design« kommt direkt aus der Garage, »Dunst« zieht alleine schon mit seinem energisch treibenden Ende den Stecker.
Christian Steigels
Alexis Taylor »Beautiful Thing« (Domino / GoodToGo)
Im Vordergrund der Platte steht Taylors intimes Songwriting, das »Beautiful Thing« einen überwiegend kontemplativen Charakter verleiht. Allerdings bricht der Londoner die zurückgenommene Stimmung des Albums immer wieder auf. So setzen Stücke wie der mit schmissigen Piano-Parts ausgestattete Titeltrack oder die infektiöse Single »Oh Baby« tanzbare Kontrapunkte zum grundsätzlich gefühlvollen Ton von »Beautiful Thing«.
Dirk Hartmann

Alexis Taylor
Beautiful Thing
Release: 20.04.2018
℗ 2018 Domino Recording Co Ltd
Scott Matthew »Ode To Others« (Glitterhouse / Indigo)
Die neuen Songs sind gewohnt zartbesaitet, changieren zwischen vorsichtig beschwingt, bittersüß und todtraurig. Mit seiner unfassbar einnehmenden, sanften Stimmgewalt beleuchtet der chronisch melancholische Australier Orte, Geschehnisse, Verwandte und Freunde, das Ganze verpackt in rührselige Arrangements, die vormachen, wie man eine Musical-Kulisse auf Schlafzimmerformat faltet – und die eine Wärme in sich tragen, die selbst den taubsten Gefühlsklotz auftaut.
Valentin Erning

Scott Matthew
Ode to Others
Release: 20.04.2018
℗ 2018 Glitterhouse Records
Melvins »Pinkus Abortion Technician« (Ipecac / PIAS / Rough Trade)
Einige Stücke haben den Charakter sorgloser Jams, aufgenommen von gelassenen Großmeistern der gepflegten Grenzenlosigkeit. Mit Zweitbassist Pinkus covert man dessen Butthole Surfers und puzzelt »I Want To Hold Your Hand« von den Beatles gemäßigt böse neu zusammen. An alte Großtaten erinnert »Don’t Forget To Breathe« mit seinem reduzierten, repetitiven, beschwörenden Sog.
Oliver Uschmann

Melvins
Pinkus Abortion Technician
Release: 20.04.2018
℗ 2018 Ipecac Recordings
Perel »Hermetica« (DFA / PIAS / Rough Trade)
DJs und Digger*innen haben gerade in den letzten Monaten immer wieder tanzbare Absurditäten und Skurriles aus den Achtzigern hervorgekramt, die einen ganz eigenen Twist zum englischen Wave mit sich brachten und die gute Seite der NDW ausmachten. In dieser Tradition darf man Songs wie »Si«, »Alles« oder auch »Die Dimension« sehen. Herumschwirrende Synthie-Hooks, stabile Bassläufe und Perels naiv-sexy Gesang sind die Zutaten, die »Hermetica« zum Hit-Album machen. Verschrobenes wie »PMS« oder »Signum Viridi« wiederum haben das Zeug zu modernen Klassikern. Was kann man da anderes tun, als viel Spaß zu wünschen?
Lennart Itzler
Lord Huron »Vide Noir« (Whispering Pines / Republic / Universal)
In »Vide Noir« schweben Mysterium und leicht exotisierter Sound in einem stilvollen, rhythmisch versetzten Ganzen. Auch wenn sich manche der Songs ziemlich ähneln, sind Sound und die etwas affektierte Dunkelheit viel zu einladend, um sich davon stören zu lassen. Zu gespenstischen Themen wie Visionen in Kristallkugeln (»Ancient Names Part I«) ließ sich Sänger und Gitarrist Schneider von nächtlichen Autofahrten durch Los Angeles inspirieren, von der Mischung aus urbanen Lichtstraßen und den ringsum dunklen Gegenden.
Elisabeth Haefs

Lord Huron
Vide Noir
Release: 20.04.2018
℗ 2018 Whispering Pines Studios Inc., under exclusive license to Republic Records, a division of UMG Recordings, Inc.
A Perfect Circle »Eat The Elephant« (BMG / Warner)
Keenans »Nebenprojekt« zeigt auch mit seinem dritten regulären Album, dass A Perfect Circle eigentlich seit jeher prädestiniert waren, noch erfolgreicher zu werden als der vermeintliche große Bruder. Wie sehr sie nämlich ebenfalls zwischen den Polen Alternative, Prog, Rock, Metal und neuerdings (wie auf »Hourglass«) Industrial oszillieren, von klaviergetragenem Ambient und orientalischen Klängen in harte Riffs und Soli gleiten, wie sehr Keenans Gesang mal einem Engel, mal dem Beelzebub zu entspringen scheint – jeder Song von A Perfect Circle bleibt im Kern kompakter und oft auch fokussierter als die der oft gar zu handwerklich angeberischen Tool.
Jan Martens

A Perfect Circle
Eat the Elephant
Release: 20.04.2018
℗ 2018 A Perfect Circle under exclusive license to BMG Rights Management (US) LLC