Eine Schulter zum Anlehnen
Eskobar live
Intim ist es dann auch wirklich und während Daniel Bellqvist und Band bei unserer gleichnamigen Veranstaltung letztens noch im reduzierten Unplugged-Gewand durchaus beeindruckend zu Werke gingen, gibt es das Trio heute als Quintett, durch Live-Keyboarder und -Bassist erweitert und wieder im gewohnten, weil verstärkten Kontext zu bestaunen. Nicht minder einfühlsam, freilich. Doch der Reihe nach: Der Auftakt gebührt einmal mehr Nice Boy Music aus Hamburg. Einmal mehr, weil die deutschen Britpopper neulich erst den Sugarplum Fairy-Support stellten und damals wie heute auch nicht gänzlich überzeugen konnten. Zu affektiert und bisweilen zu konstruiert wirkt ihr Blur und Supergrass beeinflusster, gefälliger Gitarrenpop, hier und da wippe ich zwar mit, allein: Nettejungsmusik hat mich noch nie sonderlich begeistert.
Nach langer Umbaupause dann endlich Eskobar. Oder? Nein, doch nicht. Zunächst betritt der mir unbekannte schwedische Songwriter Cabezas mit einem Kompagnon die Bühne, die er später, soviel zur Auflösung, auch als Eskobar-Bassist verlassen wird. Er wird zunächst etwas verdutzt zur Kenntnis genommen, nach einem vier-fünf Songs langem Miniset aber durchaus wohlwollend verabschiedet. Zu Recht, da sein zum Teil spanischsprachiger Songwriter-Folk doch ein perfekter Lückenfüller war, was weder bös' noch despektierlich gemeint ist. "Blue Suede Shoes" als langsame Folknummer - ging sogar ganz gut.
Dann aber wirklich: Eskobar. Daniel Bellqvist ist ein toller Sänger, das steht außer Frage. Ein schüchterner Frontmann ist er auch immer noch, artig bedankt er sich nach jedem Song gleich doppelt: "Thank you. Thank you very much". Er erzählt kleine Anekdoten mit starkem schwedischen Akzent und kündigt "You Got Me" als Rammstein-Song an: "Du hast mich", erklärt er in gebrochenem Deutsch. Der Rest ist gebrochene Herzen und ein traumhaft schönes Set, bei dem die Songs des aktuellen Albums erstaunlich abgefeiert werden, von "Persona Gone Missing" über "Devil Keeps Me Moving" bis hin zu "Whatever This Town" ist das aber nur nachvollziehbar. Der Prime Club ist jetzt zu vorgerückter Stunde dann doch sehr ordentlich gefüllt, was gut ist, denn dann ist immer eine Schulter zum Anlehnen in Reichweite. Den größten Applaus erntet das als Heather Nova-Duett zu Singlehitehren gekommene "Someone New" obwohl beileibe nicht der stärkste Song des Abends. Auch das wie alles andere: Ein Kompliment.