Kurkonzerte
Bolschewistische Kurkapelle Schwarz-Rot
Werke, Tänze, Kurkonzerte. Dreimal blasmusikalische Indoktrinationsmusik, schräg links, vom Prenzlauer Berg herab gestiegen und der kapitalistisch verseuchten Wiedervereinigung mit westlichen Blasorchestern aus dem Weg gegangen. Will heißen: Eine Verwässerung dieser Combo und ihres Ansatzes fand bis heute nicht statt. Repertoiremäßig tummelt sich die Kapelle in Regionen aus Arbeiterkampfliedern, Werken von Hans Eisler und Kurt Weill, Theater- und Filmmusiken, Himmelsrichtungsmusik. Ja: Jazz, Blasmusik, Schlager und Opern sind auch nicht so fremd, als dass sie des Studios verwiesen würden. Aktuell bläst sich die Kapelle livehaftig aus dem Berlin des Jahres 2001 in die Ohren laut und agitationsverseucht, satirisch und musikalisch nahezu grenzenlos. Lassen hier mal was von Theo Mackeben hören, dort von Gilbert Bécaud (Nathalie), Pionierlieder DDR-seligen Angedenkens und maliziöse Popinterpretationen eines gekreuzten Abba/Pet-Shop-Boys-Titels. Alt Werden Für Mein Land heißt die Verteilungskampf-geprägte Aktion der BKK Schwarz-Rot (mit vielleicht schickem Verweis auf Tilman Rossmys Reisen Im Eigenen Land). Am Ende steht kein nostalgischer Ausflug in Kurbäder oder Rehabilitationszentren. Am Ende steht die Erkenntnis, dass die als piefkig verschriene Blasmusik, der Inbegriff spießbürgerlicher Musikunterhaltung und Traditionshüter in Schützenvereinen, im modernen Outfit jede Menge Spaß und tiefere Bedeutung verbreitet.